Mehr Geld für Leiharbeiter
Mit 11,72 Euro verdienen Leiharbeiter seit Anfang des Jahres bei Bosch in Eisenach fast doppelt so viel, wie es der Thüringer Tarif des Bundesverbandes Zeitarbeit vorsieht. Bei Opel, BMW und weiteren Unternehmen wurden ähnliche
Vereinbarungen abgeschlossen.
Den alten Tarif ersetzt bei Bosch die Betriebsvereinbarung, die Vertreter der IG Metall und des Bosch-Betriebsrates am Freitag als "Eisenacher Lösung" bezeichneten.
Mit einer Laufzeit von fünf Jahren sind zudem Tarifanpassungen, Nacht- und Wochenendzuschläge, Lohnfortzahlungen bei Krankheit und Urlaub sowie höhere Stundenlöhne für qualifizierte Mitarbeiter festgelegt. Ziel
sei es darüber hinaus, die Quote für Leiharbeit weiter zu reduzieren.
Wie nötig der Schritt aus Sicht der Gewerkschaft sei, erklärte der zuständige IG Metall-Bezirksleiter, Armin Schild. Viele Firmen hätten bereits Ende 2010 höhere Betriebsergebnisse als vor der Krise erzielt. In
der verarbeitenden Industrie in Thüringen seien die neuen Aufträge aber vorwiegend mit Tausenden Leiharbeitern bewältigt worden. Wie ein Leuchtturm sollen nun die Betriebsvereinbarungen mit Bosch und weiteren Firmen
wirken.
Laut Uwe Laubach, IG-Metallbevollmächtigter für Eisenach und Suhl/Sonneberg, seien solche Vereinbarungen auch mit Opel, BMW, Multicar, Ejot (Tambach-Dietharz) und zwei Betriebe der ZF-Gruppe gelungen. Das sei ein gutes Drittel
der Metall- und Elektroindustriebetriebe im Raum Gotha und Eisenach. Mit vielen anderen Betrieben würden noch Gespräche laufen.
Bosch-Geschäftsführer Wolfgang Zahn teilte mit, die Zahl der derzeit 250 Zeitarbeiter in Eisenach durch Übernahme mittelfristig um bis zu 100 senken zu wollen. Dennoch sei die Zeitarbeit nach wie vor ein
unerlässliches Instrument, mit dem es unter anderem gelungen sei, die Stammbelegschaft auch in den Krisenjahren zu sichern, erklärte Wolfgang Zahn gestern.
Nichtsdestotrotz sei die Handhabe der Zeitarbeit nach Angaben des Bosch-Gesamtbetriebsrat Alfred Löckle in Thüringen eine besondere. Während der Leiharbeiteranteil in Eisenach 14 Prozent betrage, seien es deutschlandweit
bei Bosch nur zwei Prozent.
Angesichts der Diskussionen um die bevorstehende Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Weigerung der Regierung, flächendeckende Mindestlöhne zu beschließen, sei das jetzt Erreichte aber nur eine Notlösung,
erklärte Uwe Laubach. Deutschland sei das Schlusslicht wenn es darum geht, mit der drohenden Niedriglohn-Konkurrenz aus Osteuropa umzugehen, so die Gewerkschafter.
Auch das soll zum bundesweiten Aktionstag gegen Leiharbeit und prekäre Beschäftigung am 24. Februar Thema sein. Bei Veranstaltungen im Eisenacher Bürgerhaus wollen Gewerkschafter darüber hinaus offenlegen, welche
Betriebe der Region nicht zu Verhandlungen über Zeitarbeitentgelte bereit seien und wie hoch die Lohnunterschiede seien. Die Lohnsituation in Thüringen sei "verwüstet", so Armin Schild. Damit müsse gerade in Zeiten
des Fachkräftemangels Schluss sein.
Quelle: Thüringer Allgemeine, 12.02.2011
Letzte Änderung: 19.07.2013