Nicht nur kleinkariert, sondern Pepita
Nach 45 Minuten war alles gesagt: Die Tarifvertragspartner in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg trennten sich auch nach dem zweiten Treffen in Karlsruhe ohne Annäherung. Zuvor hatte Südwestmetall eine
Entgeltsteigerung von 0,9 Prozent für 12 Monate sowie 0,3 Prozent Einmalzahlung angeboten.
"Damit belegen die Arbeitgeber, dass sie lediglich an Profit-Maximierung interessiert sind. Das Angebot wird weder der wirtschaftlichen Situation noch dem Engagement der Beschäftigten gerecht, stattdessen provoziert die Gegenseite
eine frühzeitige Eskalation der Tarifrunde", sagte Roman Zitzelsberger, IG Metall-Landeschef und Verhandlungsführer.
In Karlsruhe haben rund 2500 Metallerinnen und Metaller aus ganz Baden-Württemberg ihren Unmut über das Angebot kundgetan, das zuvor bereits in anderen Tarifbezirken vorgelegt worden war. Die bisherige Planung sieht vor, dass
die Verhandlungen am 28. April in Pforzheim weitergehen.
Die IG Metall fordert für die mehr als 800 000 Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie eine Entgelterhöhung von 5 Prozent, das ist eine der niedrigsten Forderungen in jüngster Vergangenheit. Begründet
wird diese mit der gestiegenen Produktivitätsentwicklung, der EZB-Zielinflation sowie einer Umverteilungskomponente zur weiteren Stabilisierung der Binnennachfrage und des privaten Konsums. Zitzelsberger: "All dies ignorieren die
Arbeitgeber und werden nicht müde, sich mit fadenscheinigen Argumenten arm zu rechnen. Dabei vergessen sie offensichtlich, dass es hier nicht um Kostenfaktoren, sondern um Menschen geht, die ihre Arbeitsleistung und Lebenszeit
einbringen."
Verwundert ist der Gewerkschafter über den öffentlichkeitswirksamen Einsatz zur Tarifrunde: "In einem Spot werfen uns die Arbeitgeber Höhenflüge vor, in einem anderen stellen wir Leistungsträgern angeblich
Hürden in den Weg. Darauf kann ich nur antworten: Wer hoch genug fliegt, überwindet jede Hürde!" Offenbar diene die Kampagne keiner ernsthaften inhaltlichen Auseinandersetzung, sondern solle lediglich Stimmung gegen die IG
Metall machen und unter Arbeitgebern die Illusion schüren, 2016 sei ein billiger Abschluss möglich. "Die Arbeitgeber wissen, dass dies keine Realität wird", so Zitzelsberger. "Insofern verhält sich Südwestmetall
nicht nur kleinkariert, sondern Pepita." Dafür spricht auch, dass mit 0,9 Prozent das historisch niedrigste Angebot vorgelegt wurde.
Dass es nach Ablauf der Friedenspflicht am 28. April um 24 Uhr zu Warnstreiks kommen wird, hält Zitzelsberger für sicher: "Die entsprechenden Aufrufe brauchen wir nur noch aus rechtlichen Gründen. Mit ihrem
unverschämten Angebot haben die Arbeitgeber die Beschäftigten selbst zum Warnstreik aufgerufen." In die Aktionen wird die IG Metall gezielt auch Belegschaften aus Betrieben ohne Tarifbindung oder mit Anerkennungs- und
Haustarifvertrag einbeziehen, um langfristig für mehr Verteilungsgerechtigkeit und für eine bessere Tarifbindung zu sorgen.
Letzte Änderung: 14.04.2016